Musicalaufführung „Der kleine Prinz“ am 24.05.2019
Für eine Schulaufführung fast schon zu perfekt war das, was die Schauspieler, Tänzer und Bandmitglieder aus unterschiedlichen Klassen der MDRS da ablieferten.
Ein nachdenklicher kleiner Prinz, überzeugend verkörpert von Yannik Geschwill, dem man seine Ernsthaftigkeit in jeder Sekunde abnahm, traf auf einen abgestürzten Piloten (Franziska Bösinger), der nicht nur unsichtbare Schafe zeichnen und Flugzeuge reparieren, sondern auch noch singen konnte, meisterhaft begleitet von den jungen Musikern der Schulband (Leitung: Jürgen Stöcker), die Lenny Kravitz‘ „Fly away“ in den Köpfen des gefesselten Publikums wohl auf immer und ewig mit dem sehnsuchtsvollen Gesicht des festsitzenden Piloten verknüpft haben.
Nachdem Pilot und Prinz festgestellt haben, dass sie auf einer Wellenlänge liegen (der vom Piloten gezeichnete „Hut“ wird vom Prinzen zielsicher als Schlange, die einen Elefanten gefressen hat, gedeutet), erzählt der ungewöhnliche Adelige vom Planeten B 612 allerlei Episoden seines aufregenden Lebens. Dabei erfahren Pilot und Publikum von der schönen, aber auch sehr selbstverliebten Rose, die der kleine Prinz auf seinem Heimatplaneten zurückgelassen hat. Wer auf der Bühne gesehen hat, wie sie durch ihre stolze, anmutige Erscheinung und Willensstärke den Raum für sich einnahm (auch das atemberaubende, detailreiche Rosenkostüm, eigens entworfen und maßgeschneidert von Mathematiklehrerin Marion Westphal-Kurzawa, trug zu dieser Wirkung bei), der konnte sofort verstehen, dass der kleine Prinz sie jahrelang vergöttert, beschützt und aufopferungsvoll gepflegt hatte.
Die Vielseitigkeit der jungen Schauspieltalente (großartig und verblüffend wandlungsfähig: Amy Reuther) ließ es zu, dass auch Tanzeinlagen (Choreographie: Daniela Scherz und Luis Fernández) die einzelnen Szenen untermauerten, sehr souverän und live begleitet von den Musikern der Schulband. Nicht zuletzt diese schnellen, überraschenden Wechsel zwischen Prosa, Tanz und Musik waren es auch, die das Theaterstück unglaublich kurzweilig machten, so dass die Zeit wie im Flug verging. Auch die ansprechenden Bühnenbilder, die trotz vergleichsweise weniger Requisiten immer stimmig und atmosphärisch dicht wirkten, sorgten dafür, dass man als Zuschauer sofort in den Bann gezogen wurde.
Und dann waren da natürlich noch die unfassbar authentisch wirkenden Figuren auf der Bühne: nur wenige Minuten waren es, die der hoffnungslose, in seiner Lethargie gefangene Säufer (beunruhigend realistisch dargestellt von Emily Page) nutzte, um seine ausweglose Sicht der Dinge („Ich trinke, um zu vergessen, dass ich trinke“) kundzutun – selbst wer die verquere Logik dieses bekannten Ausspruchs schon zigmal gehört hatte, wurde erneut gepackt durch das ausdrucksstarke Spiel der jungen Schauspielerin im Holzfällerhemd. Neben dem bekanntesten Alkoholiker der Literatur begegnete der kleine Prinz noch einer Königin ohne Gefolgschaft (noch einmal Emily Page), die überflüssige Befehle erteilt sowie einem Geschäftsmann (schon wieder Amy Reuther), der sogar die Sterne besitzen möchte. Körperlich fit musste Amy Reuther in ihrer dritten Rolle als gestresster Nachtwächter sein, der damit beschäftigt war, alle paar Sekunden zu seiner Laterne zu hetzen, um diese an- und wieder auszumachen. Grund: Ein Tag auf seinem Planeten dauert nur eine Minute! Die sonderlichste, furchteinflößendste Figur war jedoch die Schlange, faszinierend unberechenbar und großartig verkörpert von Béla Warin. Ihr halblautes, unheilvolles Zischeln sorgte für Gänsehaut beim Publikum; das wendige, geschmeidige Schlängeln des (eigentlich hochgewachsenen) Béla Warin auf dem Boden gehört wohl ebenso zu den unvergesslichen Momenten des Abends wie alles zuvor Genannte!
Bevor die zwielichtige Schlange den kleinen Prinzen (hoffentlich!) zu seiner Rose nach Hause brachte, lehrte ihn eine weitere Reisebekanntschaft das Wesen der Freundschaft und Liebe: Der Fuchs (Luis Fernández) ließ sich von ihm zähmen und machte dem Prinzen damit klar, dass er seine Rose liebte, auch wenn er mittlerweile wusste, dass es neben ihr noch viele andere Rosen auf anderen Planeten gab. Leichtfüßig, unbeschwert und charmant war das Spiel des Fuchses, der mit seinem lebensechten Erscheinungsbild, den flauschigen Ohren und dem buschigen Schwanz sicherlich den Streichelreflex bei so manchem jungen Zuschauer auslöste.
Und so „perfect“, wie die ganze Aufführung war – Regisseurin Sandra Mercatoris konnte entspannt in den Zuschauerreihe sitzen, während die Akteure selbst für einen reibungslosen Ablauf auf und hinter der Bühne sorgten - , endete die Darbietung auch: Zu den Klängen von Ed Sheerans gleichnamigen Song durfte man den kleinen Prinzen begleiten, als dieser alle Stationen seiner Reise noch einmal durchlebte in einer Art Rückblende. Diese führte ihn am Ende dahin, wo alles begonnen hatte: Zu seiner geliebten Rose.
Der „Kleine Prinz“ war (nach „Odysseus“ und „Hausaufgaben - mal anders“) die dritte Aufführung der Theater- und. Musical-AG (Leitung: Sandra Mercatoris, Linda Wolfart und Sebastian Köppe) und zugleich der Beweis dafür, dass sich die Gruppe mittlerweile gut gefunden hat: ALLE Schauspieler wirkten aktiv (meist sogar in mehreren Rollen) mit, alle sorgten durch ihr umsichtiges Wirken dafür, dass individuelle Stärken optimal eingesetzt und als echtes Team agiert werden konnte – das Ergebnis sprach für sich! Dass die SchülerInnen dabei nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Sänger, Tänzer, Choreographen und Kostümbildner aktiv waren, zeigt, wie groß das (berechtigte!) Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten mittlerweile ist.
Dazu hat sicherlich auch das gemeinsame Probewochenende in Mannheim beigetragen, das die Gruppe noch enger zusammenwachsen ließ. Neue Ensemblemitglieder wie Mira Warin (sensationell als Showgirl und Händler im Einsatz) und Oliwer Müller (unvergessen in seinen Rollen als Rosenbusch und Weichensteller) konnten ein erfolgreiches Debüt feiern, das sie hoffentlich darin bestärkt, wieder den Weg auf die Bühne zu finden.
Auch die Zusammenarbeit mit den begabten Musikern der Schulband – Leiter Jürgen Stöcker konnte entspannt die Aufführung genießen und sogar einige Fotos schießen, während seine Zöglinge routiniert die Bühne rockten – war extrem fruchtbar und schoss das Musical durch die stimmigen Live-Einlagen in die oberste Liga!
Wir freuen uns schon auf das nächste Projekt!
Bleibt zu hoffen, dass die situationsbedingte Zwangspause alle Beteiligten nicht davon abhält, mit gleichbleibendem Elan ähnliche Projekte ins Leben zu rufen, sobald wieder grünes Licht dafür gegeben wird.
Fürs laufende Schuljahr war ursprünglich eine Adaption des aus dem Jahr 1844 stammenden Klassikers „Struwwelpeter“ von Heinrich Hoffmann geplant („Struwwelpeter 2020“). Leider verhindert die Coronapandemie nun wohl die ursprünglich für Anfang Juli geplante Aufführung.
Je nachdem, welche Möglichkeiten die Bestimmungen der kommenden Wochen zulassen, ist aber ein „Videodreh“ als Ersatz angedacht.
Informationen dazu werden, sobald weitere Einzelheiten bekannt sind, auf moodle bereitgestellt.
C. Puchta